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Irrtum über die Größe der Erbschaft: Anfechtung einer versehentlichen Erbausschlagung

Fachbeitrag im Erbrecht

OLG Frankfurt: Wurde das Erbe zu früh ausgeschlagen? Alkoholabhängig, verwahrlost, jedoch wohlhabend.

Nicht jede Erbschaft bietet einen finanziellen Vorteil: Häufig hinterlassen Erblasser nur wenig Vermögen oder sogar Schulden. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen. Doch was geschieht, wenn sich nach der Ausschlagung herausstellt, dass der Nachlass wertvoller war als angenommen? Mit genau dieser Fragestellung hat sich kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. Juli 2024, Az. 21 W 146/23) befasst.

Eine Frau war sich über den Nachlass ihrer alkoholkranken Mutter im Unklaren und verzichtete voreilig auf das Erbe. Das Oberlandesgericht Frankfurt stellte sich jedoch nun auf ihre Seite.

Die verstorbene Mutter lebte in schwierigen Verhältnissen und war alkoholabhängig. Doch entgegen aller Erwartungen befand sich auf ihrem Konto noch ein beträchtliches Vermögen.

OLG Frankfurt: Tochter hat die Möglichkeit, ein voreilig ausgeschlagenes Erbe anzufechten.

Seit ihrem elften Lebensjahr hatte eine Frau keinen Kontakt mehr zu ihrer alkoholkranken Mutter. Nach dem Tod der Mutter wies die Tochter zunächst das Erbe zurück. Als später bekannt wurde, dass ein beträchtliches fünfstelliges Vermögen vorhanden war, focht sie die Ausschlagung des Erbes an. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied in diesem Fall: Wer sich über den Umfang des Nachlasses irrt, hat das Recht, die Erbausschlagung anzufechten (Beschl. v. 24.07.2024, Az. 21 W 146/23).

Eine Kriminalbeamtin hatte die Tochter über den Tod der Mutter informiert und auf den verwahrlosten Zustand der Wohnung im Bahnhofsviertel hingewiesen. Ohne selbst nachzuforschen, ging die Tochter davon aus, dass ihre Mutter in soziale Schwierigkeiten geraten sei.

Erst durch eine Mitteilung des Nachlasspflegers erfuhr sie von einem Kontoguthaben im oberen fünfstelligen Bereich. Nachdem ihr Erbscheinsantrag zunächst abgelehnt wurde, entschied das OLG Frankfurt zugunsten der Tochter und erklärte die Anfechtung der Erbausschlagung für wirksam.

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Erbausschlagung aufgrund eines Irrtums über die Zusammensetzung des Nachlasses ist anfechtbar.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied, dass eine Erbin die Ausschlagung des Erbes anfechten kann, wenn sie fälschlicherweise von einer Überschuldung ausgegangen ist.

Der 21. Zivilsenat erklärte, dass die Tochter über die genaue Zusammensetzung des Nachlasses, insbesondere über das Vorhandensein von Kontoguthaben, im Unklaren war. Dieser Irrtum, auch als Eigenschaftsirrtum gemäß § 119 Abs. 2 BGB bezeichnet, war ausschlaggebend für die Entscheidung, das Erbe auszuschlagen.

Der juristische Unterschied ist hierbei von Bedeutung: Es handelt sich nicht um den reinen Wert des Nachlasses, sondern um die Annahme falscher Tatsachen bezüglich seiner Zusammensetzung. Laut dem Senat stellt der Wert keine Eigenschaft einer Sache dar, jedoch sind die wertbildenden Faktoren, wie das Kontoguthaben, entscheidend. Der Irrtum der Erbin bestand also in der fehlerhaften Annahme über das Vorhandensein von Vermögenswerten.

Obwohl die Erbin nicht alle naheliegenden Möglichkeiten genutzt hatte, um den Nachlass genauer zu prüfen, war der Senat nach der persönlichen Anhörung davon überzeugt, dass ihre Entscheidung auf einer Fehlvorstellung beruht.

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Ausschluss der Anfechtung bei spekulativen Entscheidungen

Nach Auffassung des OLG wäre eine Anfechtung nur ausgeschlossen gewesen, wenn die Frau ihre Entscheidung bewusst auf einer spekulativen und ungesicherten Grundlage getroffen hätte.

In solchen Fällen, in denen lediglich Vermutungen über die Zusammensetzung des Nachlasses angestellt werden, besteht kein Anfechtungsgrund, da der Erbe „bewusst auf spekulativer Grundlage“ gehandelt habe, erläuterte der Senat. Der vorliegende Fall war jedoch anders gelagert.

Bei der klagenden Tochter handelte es sich um einen Eigenschaftsirrtum. Es war ausreichend, dass sie die Anfechtung unverzüglich erklärte, nachdem sie von der tatsächlichen Zusammensetzung des Nachlasses Kenntnis erlangt hatte, gemäß §§ 1954, 121 BGB. Dadurch konnte sie die Erbausschlagung wirksam anfechten und das Erbe annehmen. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Ähnlich entschied das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 20.11.2020, Az. I-3 Wx 166/20), in dem ein gesetzlicher Erbe irrtümlich von einer Überschuldung ausgegangen war, obwohl tatsächlich ein Vermögen im mittleren sechsstelligen Bereich vorhanden war.

Ich stehe Ihnen bei sämtlichen Fragen zu Erbschaft, Nachlass und Testament zur Verfügung. Sei es die Annahme einer Erbschaft, die Ausschlagung oder die Haftungsbeschränkung – vertrauen Sie auf meine Expertise für eine sichere und sorgenfreie Nachlassregelung.

Das Dilemma der Nachlasshaftung: Worauf ich als Erbe achten sollte

Nicht jede versehentlich ausgeschlagene Erbschaft kann durch eine Anfechtung rückgängig gemacht werden. Erben, die eine Überschuldung des Nachlasses vermuten, müssen genau abwägen, ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen.

Die Herausforderung besteht darin, sich innerhalb der sechswöchigen Ausschlagungsfrist einen umfassenden Überblick über den Nachlass zu verschaffen – insbesondere dann, wenn Immobilien oder Unternehmen zu den Vermögenswerten zählen.

Für Erben, die eine Ausschlagung in Erwägung ziehen, ist es von großer Bedeutung, sich auch über die Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung zu informieren. Denn selbst bei Annahme der Erbschaft gibt es Wege, die Haftung für Schulden auf den Nachlass zu begrenzen und so persönliche Risiken zu verringern.

Als Rechtsanwalt für Erbrecht unterstütze ich Erben bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses und der Ermittlung des Nachlasswertes. Auf dieser Grundlage können Sie entscheiden, ob Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen möchten.

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